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Berliner Kongress der polnischen Organisationen in Deutschland


Bereits zum fünften Mal trafen sich vom 17. bis 19. September Vertreter polnischer Diaspora-
Organisationen und Gemeinden aus ganz Deutschland zum Kongress der polnischen
Organisationen in Deutschland. Ziel des Kongresses war es, eine Bilanz des bisher Erreichten zu
ziehen und neue Aufgaben für die kommenden Jahre zu erarbeiten. Der Kongress, der zeitnah am
30. Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrags über gute Nachbarschaft und
freundschaftliche Zusammenarbeit stattfand, umfasste auch ein Forum des Jungen Polonia. Die
Tagung am Freitag dem 17. September fand im Konferenzzentrum des MOA Mercure Hotels in
Berlin statt und wurde vom Parlamentarischen Staatssekretär für Inneres, Bauen und Heimat,
Stephan Mayer, MdB, eröffnet.

 

Im ersten Teil der Konferenz trafen sich die Teilnehmer mit den Bevollmächtigten für Polonia,
Hans-Leo Dirks - Bundesbevollmächtigter (Leiter des Referats HI6 im Innenministerium),
Katarzyna Niewiedział - Bevollmächtigte von Berlin Senat; Anett Roswora - Bevollmächtigte von
Thüringen; Thorsten Klute - Bevollmächtigter von Nordrhein Westfalen. Dr. Anna Mróz vom Institut
für Slawistik der Universität Greifswald hielt einen Einführungsvortrag zum Thema "Polnisch als
Herkunftssprache in Deutschland".

 

 

Im zweiten Teil der Konferenz fand eine Podiumsdiskussion zum Thema Deutsch-Polnischer
Vertrag 30 Jahre danach, wie sichtbar sind die unsichtbaren Polen heute? statt, an der folgende
Personen teilnahmen: Cornelia Pieper, deutscher Generalkonsul in Danzig; Prof. Rita Süsmuth -
ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages; Katarzyna Niewiedzial - Bevollmächtigte des
Berliner Senats für Integration und Migration; Thorsten Klute - Bevollmächtigter für Polonia in
NRW; Dr. Marek Prawda - ehemaliger polnischer Botschafter in Deutschland; Magdalena
Wiążewicz vom Bundesverband der Polnischlehrer und Dr. Kamila Scholl-Mazurek vom polnischen
Bundesnetzwerk für Partizipation und Soziales in Deutschland.
Die Diskussion wurde von Cornelius Ochmann, Geschäftsführer der Stiftung für deutsch-polnische
Zusammenarbeit, moderiert. Nach einer kurzen musikalischen Einlage von Leszek Zadlo, einem
weltberühmten Jazzmusiker, wurde der POLONICUS-Preis an Ferdinand Domaradzki,
Vorsitzenden des Polnischen Rates – Landesverband in Berlin, überreicht.

 

 

Am Samstag wurde der Kongress in den Räumlichkeiten der Berliner Nordrhein-Westfalen-
Landelsvertretung an der Hiroschimastr. fortgesetzt. Nach der Einführungsdebatte "Neue
Herausforderungen, neue Öffnung" wurden die Arbeiten in vier Problemausschüssen zu folgenden
Themen fortgesetzt: 1) Partizipation und soziale Fragen; 2) Bildung; 3) Junge Polonia; 4) Forum
der Polonia. In der Nachmittagssitzung wurden die Ergebnisse der Arbeit der einzelnen
Ausschüsse zusammengetragen und vorgestellt, und der Kongress wurde geschlossen.
Am Abend nahmen die Kongressteilnehmer am polnischen Jubiläumsfest in Reiterhoff Qualitz-
Domaradzki teil, mit dem der 30. Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Vertrags
gefeiert wurde.
Der Kongress der polnischen Organisationen in Deutschland konnte dank der finanziellen
Unterstützung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), des
Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen und
der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit stattfinden. Geschäftsstelle der Polonia in
Berlin war Mitveranstalter des Kongresses.

 

 

Grußwort
von Herr Parlamentarischen
Staatssekretär Stephan Mayer, MdB
beim V. Kongress der Polnischen
Organisationen in Deutschland
am 17. September 2021 in Berlin

 

Für die Einladung zum V. Kongress der Polnischen Organisationen in Deutschland und
die Gelegenheit, ein Grußwort an Sie zu richten, danke ich Ihnen herzlich. Gerne hätte ich vor
Ort an der Veranstaltung teilgenommen. Leider ist mir dies aus terminlichen Gründen nicht
möglich. Deshalb spreche ich nun in virtueller Form zu Ihnen.
Die Corona-Pandemie hat für uns alle in den vergangenen Monaten viele
Beschränkungen mit sich gebracht, gerade im Hinblick auf persönliche Begegnungen. Für mich
und meine Aufgaben als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, für
Bau und Heimat ist es ein sehr wichtiger Aspekt meiner Arbeit, mich mit den Menschen, für
deren Belange ich aufgrund meiner Funktion zuständig bin, persönlich auszutauschen. Daher
bedauere ich es sehr, dass ich heute nicht bei Ihnen sein kann.
Aufgrund meines Amtes bin ich einer der beiden deutschen Ko-Vorsitzenden des
deutsch-polnischen Runden Tisches zu Fragen der Förderung der deutschen Minderheit in
Polen und der polnischsprachigen Bürger und Polen in Deutschland. Dieser Runde Tisch wurde
in Vorbereitung auf das zwanzigjährige Jubiläum der Unterzeichnung des deutsch-polnischen
Nachbarschaftsvertrages vom 17. Juni 1991 ins Leben gerufen und ist seit 2010 in
unregelmäßigen Abständen insgesamt sechsmal zusammengekommen, zuletzt am 19. Juni
2019. Der Veranstalter des heutigen Kongresses – der Konvent der Polnischen Organisationen
in Deutschland – gehört neben dem Bund der Polen in Deutschland und dem Verband der
deutschen sozial-kulturellen Gesellschaften in Polen zu den zivilgesellschaftlichen Teilnehmern
des Runden Tisches.
Der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag feiert in diesem Jahr bereits sein
dreißigjähriges Bestehen. Das heutige Programm des Kongresses der Polnischen
Organisationen in Deutschland steht ganz im Lichte dieses Jubiläums. Der deutsch-polnische
Nachbarschaftsvertrag ist ein bedeutender Markstein im wechselvollen deutsch-polnischen
Verhältnis, insbesondere nach dem Leid, das Deutschland im Zweiten Weltkrieg über Polen
gebracht hat.
Die Motivation Deutschlands und Polens zu diesem Vertrag bestand vor diesem
geschichtlichen Hintergrund unter anderem – ich zitiere aus der Präambel des Vertrags – in dem
„Bestreben, die leidvollen Kapitel der Vergangenheit abzuschließen“, und der Entschlossenheit,
„an die guten Traditionen und das freundschaftliche Zusammenleben in der jahrhundertelangen
Geschichte Deutschlands und Polens anzuknüpfen“. In diesem Sinne bestimmt der erste Artikel
des Vertrages, dass beide Länder – ich zitiere wiederum aus dem Vertrag – „ihre Beziehungen
im Geiste guter Nachbarschaft und Freundschaft gestalten. Sie streben eine friedliche und
partnerschaftliche Zusammenarbeit auf allen Gebieten an. In europäischer Verantwortung
werden sie ihre Kräfte dafür einsetzen, den Wunsch ihrer beiden Völker nach dauerhafter
Verständigung und Versöhnung in die Tat umzusetzen.“
Einige mit dem Nachbarschaftsvertrag verbundene Ziele wurden bereits erfolgreich
abschließend umgesetzt, wie etwa die Unterstützung Polens durch Deutschland im Hinblick

 

den Beitritt Polens zur Europäischen Gemeinschaft, heute die Europäische Union. Andere sich
aus dem Vertrag ergebende Aufgaben sind dagegen als Daueraufgaben gestaltet, so auch die
Vertragsregelungen zugunsten der deutschen Minderheit in Polen und der in Deutschland
lebenden polnischstämmigen Deutschen.
Um die Entfaltung der Identität dieser beiden Gruppen – sowie zusätzlich der in
Deutschland lebenden Polinnen und Polen – zu fördern, wurde am 12. Juni 2011 – anlässlich
des zwanzigjährigen Jubiläums des Nachbarschaftsvertrags – die „Gemeinsame Erklärung des
Runden Tisches zu Fragen der Förderung der deutschen Minderheit in Polen und der
polnischstämmigen Bürger und Polen in Deutschland“ unterzeichnet. Da sich die
Unterzeichnung 2021 zum zehnten Mal jährt, feiert auch dieses Dokument in diesem Jahr ein
Jubiläum.
Die Gemeinsame Erklärung sieht zur Unterstützung der genannten Gruppen bestimmte
Maßnahmen vor, die die Teilnehmenden des Runden Tisches jeweils als besonders wichtig
erachtet haben. Die Maßnahmen tragen dadurch in besonderem Maße zu dem im
Nachbarschaftsvertrag postulierten Ziel der Verständigung und Versöhnung bei. Die
Bundesregierung ist bestrebt, sie im Geiste des Nachbarschaftsvertrags in freundschaftlicher
und partnerschaftlicher Zusammenarbeit zusammen mit der polnischen Regierung umzusetzen.
Von den Maßnahmen zugunsten der polnischstämmigen Deutschen und Polen in
Deutschland möchte ich exemplarisch zwei herausgreifen, um die mit ihnen bewirkten
Fortschritte in den letzten zehn Jahren zu veranschaulichen.
Seit Juli 2012 ist in Berlin eine gemeinsame Geschäftsstelle für die Belange aller
polnischen Organisationen in Deutschland eingerichtet. Diese Geschäftsstelle wird von der
Bundesregierung mit Mitteln des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat finanziert,
das auch die Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Auch die von der Geschäftsstelle betriebene
Internetseite „Polonia Viva“, die als Internetportal für alle polnischen Organisationen in
Deutschland dienen soll, wird von meinem Ministerium mit finanziellen Mitteln unterstützt.
Ich möchte Sie alle ermuntern, die Dienste der Geschäftsstelle rege in Anspruch zu
nehmen. Sie soll allen polnischen Organisationen in Deutschland zur Verfügung stehen. Nutzen
Sie auch die Möglichkeit, über die Internetseite „Polonia Viva“ auf Veranstaltungen Ihrer Vereine
aufmerksam zu machen und über Ihre Aktivitäten zu berichten.
Als zweiten Punkt möchte ich den herkunftssprachlichen Polnischunterricht in
Deutschland ansprechen. Ich weiß, dass dies für viele von Ihnen ein sehr wichtiges Thema ist.
Die Sprache ist ein wesentlicher Teil der eigenen Identität.
Die Gemeinsame Erklärung des Runden Tisches von 2011 hat dieses Anliegen
aufgegriffen. Sie sieht die Erarbeitung einer Strategie zum Spracherwerb von Polnisch als
Muttersprache vor. Der deutsch-polnische Ausschuss für Bildungszusammenarbeit unter dem
Dach der deutsch-polnischen Regierungskommission für regionale und grenznahe
Zusammenarbeit hat daher unter Beteiligung polnischer Organisationen in Deutschland das
Konzept ‚Förderung der Herkunftssprache Polnisch‘ erarbeitet. Dieses Konzept wurde von der
Kultusministerkonferenz der Bundesländer im Juni 2013 beschlossen. Seither ist es Aufgabe der
einzelnen Länder, das Konzept umzusetzen.
Die Länder nehmen dies ernst. So haben die Regierungschefinnen und Regierungschefs
der Länder 2016 und 2017 in zwei gemeinsamen Beschlüssen mit der Bundeskanzlerin
bekräftigt, ihre Anstrengungen für ein nachfragegerechtes Angebot an Polnischunterricht für alle
Altersstufen fortzusetzen.
Die Kultusministerkonferenz hat im vergangenen Jahr eine Abfrage unter den Ländern
zur Situation des Polnischunterrichts in Deutschland durchgeführt, die auch auf der Internetseite
der Kultusministerkonferenz veröffentlicht ist. Die Abfrage ergab unter anderem, dass die Zahl
der Polnisch lernenden Schülerinnen und Schüler im Querschnitt der Bundesländer seit der
letzten Länderabfrage im Jahr 2016 gestiegen ist. Dies halte ich für eine sehr erfreuliche
Entwicklung.

 

In mehreren Bundesländern besteht die Möglichkeit, die polnische Herkunftssprache als
Pflichtfremdsprache im Rahmen des Erwerbs des allgemeinen Schulabschlusses zu belegen
oder anerkannt zu bekommen, etwa bei aus Polen neu zugewanderten Schülerinnen und
Schülern. Die Länder nehmen damit besondere Rücksicht auf die Situation von Schülerinnen
und Schülern mit Polnisch als Herkunftssprache.
Mit dem Kompetenz- und Koordinationszentrum Polnisch – kurz: KoKoPol – gibt es
zudem seit Juli 2020 eine neue Institution zur Förderung der Kenntnis, Verbreitung und
Popularisierung der polnischen Sprache in Deutschland. Es ist im internationalen
Begegnungszentrum St. Marienthal in Ostritz in Sachsen, direkt an der deutsch-polnischen
Grenze, angesiedelt. Das Auswärtige Amt und der Freistaat Sachsen beteiligen sich an der
Finanzierung von KoKoPol.
Zu den Aufgaben des Zentrums gehört unter anderem die Unterstützung vorhandener
Aktivitäten zur Vermittlung des Polnischen als Fremd- und Herkunftssprache. Außerdem berät
das Zentrum in der Sprachvermittlung tätige Institutionen, wie etwa Schulen, sowie private
Einrichtungen. Dazu kommen eigene Fachtagungen des Zentrums, auch in Kooperation mit
anderen Akteuren. So hat KoKoPol im März dieses Jahres zusammen mit der Geschäftsstelle
der polnischen Organisationen in Deutschland eine digitale Konferenz zum Thema „Polnisch als
Herkunftssprache“ durchgeführt. Durch die Mitfinanzierung von KoKoPol übernehmen Bund und
Land somit zusätzliche Verantwortung für die Förderung der polnischen Sprache in
Deutschland.
Mir ist bewusst, dass das bisherige Angebot an Polnischunterricht in Deutschland aus
der Sicht mancher Betroffenen noch verbesserungswürdig ist. Ich möchte Sie ausdrücklich
auffordern, zusätzlichen Bedarf an Polnischunterricht gegenüber den Schulen und
Schulbehörden der Länder zu artikulieren. Die Aussicht auf eine Ausweitung des bisherigen
Unterrichtsangebots ist größer, wenn die Länder gerade aufgrund der Rückmeldungen von
Eltern einen gestiegenen Bedarf feststellen können.
Dies bringt mich zum letzten Punkt meiner Ansprache: Nicht nur die Weitergabe der
polnischen Sprache und Kultur an die nachfolgenden Generationen ist für die Bewahrung der
eigenen Identität polnischstämmiger Menschen in Deutschland bedeutsam. Auch die Einbindung
der Jugend in die Verbandsarbeit ist ein wichtiger Aspekt. Um eine ausgewogene Perspektive
auf die aktuelle Lebenswelt und die Bedürfnisse der polnischstämmigen Bevölkerungsgruppe in
Deutschland zu erhalten, ist die Berücksichtigung der Perspektive der jungen Generation
unerlässlich. Es freut mich daher, dass der Kongress mit dem „Forum der Jungen Polonia“
verbunden wird.
Es war aus meiner Sicht auch eine gute Idee, den vorigen Kongress im Oktober 2019 in
Bonn mit dem Titel und dem Motto „Kongress der Jungen Europäischen Polonia“ durchzuführen
und den Fokus auf den Beitrag der jungen polnischen Generation zur europäischen Integration
zu richten. Dies trifft auch den Geist des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrags, der die
europäische Verantwortung Polens und Deutschlands zu dauerhafter Verständigung und
Versöhnung hervorhebt.
Es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber man kann es sich nicht oft genug in
Erinnerung rufen: Das Bewusstsein und die Pflege der besonderen eigenen polnischen Identität
in Deutschland stehen nicht im Gegensatz zu einem guten Miteinander mit der deutschen
Mehrheitsgesellschaft und zur europäischen Integration.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen alles Gute und einen erfolgreichen weiteren Verlauf
des Kongresses.

 

 

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